Foto oben: Ein weibliches und ein männliches Furcifer oustaleti während der Regenzeit,
gefunden nur unweit voneinander sitzend in Buschwerk nahe Andavadompy im zentralen Hochland
Chamäleons gelten als strikte Einzelgänger. Auf die meisten madagassischen Arten trifft dies nahezu uneingeschränkt zu. Während der Paarungszeit, auf Madagaskar also während der Regenzeit von etwa November bis März, trifft man einige Chamäleonarten jedoch bevorzugt in Pärchen an. Die Tiere schlafen nachts zwar nicht auf dem gleichen Ast, aber häufig innerhalb des gleichen Quadratmeter Wald. Tagsüber tolerieren sie die Anwesenheit des anderen Geschlechts, was in der Trockenzeit in der Regel nicht der Fall ist. Bei Furcifer pardalis kann man dies in der Regenzeit beispielsweise sehr gut beobachten: Wo in der Regenzeit ein Weibchen ist, findet man mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das passende Männchen dazu.
Bei einigen Chamäleon-Arten, darunter Calumma linotum und Calumma boettgeri, begleitet das Männchen das Weibchen noch einige Tage nach der gelungenen Verpaarung weiter. Man kennt dieses Verhalten von anderen Tieren unter dem Begriff mate guarding. Auf deutsch übersetzt bedeutet das so viel wie „seinen Partner schützen“. Damit verbunden ist vor allem der Schutz des Weibchens vor den Avancen weiterer Männchen. Das Männchen, das „sein“ Weibchen schützt, sichert damit seine eigene Fortpflanzung und die Verbreitung der eigenen Gene ab. Zusätzlich kann es mehrmals paaren, sollte es beim ersten Versuch noch nicht geklappt haben.
Bei den Erdchamäleons der Brookesia minima-Gruppe lassen sich manche Männchen in der Fortpflanzungssaison sogar über einen gewissen Zeitraum von den größeren Weibchen herum tragen. Sie bleiben nach der eigentlichen Verpaarung einfach auf dem Rücken des Weibchens sitzen, anstatt wieder herunter zu steigen. Dieses Verhalten spart den kleinen Chamäleons Energie und sorgt für die Möglichkeit, sich innerhalb kurzer Zeit erneut mit dem gleichen Weibchen paaren zu können.
Bei den meisten Chamäleonarten auf Madagaskar endet diese Art der temporären (nur kurz vorhandenen) Paarbindung mit der Trächtigkeit des Weibchens. Das Weibchen verscheucht das aufdringliche Männchen dann recht rigoros aus seinem nächsten Umfeld, da es nicht mehr paaren möchte. Auch Annäherungsversuche werden dann mit drohendem Fauchen und entsprechender Färbung quittiert.
Von Emotionen wie Verliebtheit kann man bei Chamäleons übrigens nicht sprechen. Bei ihnen überwiegt bei der temporären Paarbindung der praktische Nutzen.
Länger dauernde Paarbindung
Unklar ist, ob Chamäleons in der nächsten Regenzeit gezielt nach dem Partner des Vorjahres suchen oder nicht. Bei den meisten Arten geht man davon aus, dass dies nicht der Fall ist. Bei den Arten, die ausgeprägtes mate guarding zeigen, ist es auf Madagaskar bisher nicht untersucht worden.
Eine Paarbindung im Sinne einer dauerhaften oder gar lebenslangen Monogamie, wie sie bei Säugetieren und Vögeln vorkommt, ist bei madagassischen Chamäleons noch nicht beobachtet worden. In jeder Regenzeit können sich neue Paare bilden. Sogar während einer einzigen Regenzeit kann ein Chamäleon sich mit mehreren Artgenossen des anderen Geschlechts verpaaren. Dass eine Paarbindung mehrere Regen- und Trockenzeiten übersteht, ist sehr selten und nur von wenigen Arten des afrikanischen Festlandes bekannt. Auf Madagaskar fehlt es derzeit dazu noch an Studien.