Gestaltung von Rückwänden im Terrarium
Die meisten Terrarien haben bei Bau oder Kauf erst einmal glatte Rückwände – gemeint sind mit „Rückwand“ hier alle Seiten eines Terrariums, die nicht aus Belüftungsfläche oder Glas zur besseren Einsicht bestehen. Egal ob das Becken aus Glas, Holz, OSB, Siebdruckplatten oder Forex besteht: All diese gängigen Materialien sind zunächst einmal für ein Chamäleon nicht benutzbar. Es kann sich daran nicht oder kaum festhalten. Sie dienen also nur als Begrenzung, haben aber sonst keinen Nutzen für das Tier. Dazu kommt, dass kahle Rückwände meist optisch nicht besonders ansprechend sind – wie ein Regen- oder Trockenwald sieht OSB oder eine weiße Hartschaumplatte eben nicht aus.
Der folgende Artikel soll die verschieden Möglichkeiten der Rückwandgestaltung beleuchten, Tipps geben sowie Vor- und Nachteile aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
Rückwände mit bekletterbarer Oberfläche
Um die nutzbare Fläche des Terrariums für ein Chamäleon zu vergrößern, ist es sinnvoll, die festen Wände des Terrariums mit einer ausgestalteten und nicht nur einer glatten Rückwand zu versehen. Rückwände können isolierend wirken, bei Chamäleonterrarien ist die isolierende Wirkung jedoch wegen der großen Belüftungsflächen eher vernachlässigbar. Bei allen rauen, also bekletterbaren Oberflächen bleibt leider der Nachteil, dass man sie im Falle eines Parasitenbefalls sehr schlecht oder gar nicht desinfizieren kann. Dies sollte im Vorhinein gut überlegt werden, ob man eine Rückwand einbringen möchte. Eventuell kann man die Rückwand auch so anbringen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder entfernt werden kann.
Korkplatten
Korkplatten sind eine sehr gängige Variante, wie man eine Rückwand im Chamäleonterrarium gestalten kann. Man unterscheidet den etwas teureren Zierkork vom günstigeren Presskork.
Presskorkplatten sind optisch wenig ansprechend, können aber von den meisten Chamäleons wegen ihrer Krallen und der weichen Struktur des Korks beklettert werden. Sie bestehen aus zu Granulat zermahlenen Korkresten (z.B. alten Weinkorken), die maschinell mittels Kleber zu zusammenhängenden Platten gepresst werden. Da Presskork mit zwei bis fünf Millimeter Dicke häufig als Trittschalldämmung unter Laminat verwendet wird, kann man ihn rollenweise kaufen. Das hat den Vorteil, dass die Platten relativ günstig sind (5-10 € pro m²) und man sich die für das Terrarium nötige Größe einfach mit dem Cuttermesser zuschneiden kann. Durch die geringe Dicke der Platten kann man diese Form des Presskorks problemlos flächig mit Silikon an den Terrarienwänden verkleben. Für Wand- und Dachisolierung sowie Pinnwände genutzte Presskorkplatten gibt es als fertige Zuschnitte in allen möglichen Dicken zu kaufen. Entsprechend variieren bei diesen Platten die Preise pro Quadratmeter.
Zierkorkplatten bestehen aus etwa zwei Millimeter dicken Presskorkplatten, auf denen maschinell die plattgewalzte Rinde der Korkeiche (Quercus suber) aufgeklebt wurde. Durch die zusammenhängende Rinden-Optik der Oberfläche ist Zierkork sehr viel schöner als Presskork, aber auch deutlich kostenintensiver (ab 80-100 € pro m²). Zierkorkplatten gibt es im Zoohandel oder Internet meist mit maximalen Größen von 90 x 60 cm² zu kaufen. Man kann sie für kleinere Chamäleonterrarien leicht mit einer Stichsäge passend zurechtschneiden. Bei größeren Terrarien muss man mehrere Platten nebeneinander verwenden, um die gesamte Rückwand abzudecken. Zierkorkplatten sollte man sehr flächig mit Silikon oder einem Baukleber bestreichen und besonders gut und lange festdrücken. Sie wellen sich häufig nach längerer Zeit, vor allem bei der Verwendung großer Platten. Um das zu verhindern, kann man die Zierkorkplatten gegebenenfalls auch zusätzlich mit der Terrarienrückwand verschrauben.
Sichtschutz-Matten
Eine einfache Lösung für Terrarienrückwände sind Sichtschutzmatten aus Pflanzenmaterial aus dem Baumarkt. Hier gibt es eine relativ große Auswahl, darunter Schilf- und Weidenmatten. Die Matten sind in aller Regel 1,80 m bis 2,00 m hoch und mehrere Meter breit aufgerollt, so dass man sie fürs Terrarium passend zuschneiden und mehrere Terrarien gleichzeitig bestücken kann. Zu bedenken ist je nach Material, dass man durch die Matte hindurch meist trotzdem noch die Originalrückwand des Terrariums sieht. Außerdem muss man sich überlegen, wie man die Matten anbringen will. Weidenmatten beispielsweise sind nur eingeschränkt flächig zu verkleben oder zu verschrauben, so dass viele kleine Hohlräume entstehen. Futtertiere flüchten ganz gerne dahinter und sind dann schwierig wieder hervorzubekommen.
Vorsicht, nicht alle Materialien sind für Chamäleons geeignet! Bambusmatten beispielsweise sind recht glatt und bieten wenig Grifffestigkeit. Ein weiterer Nachteil der Sichtschutzmatten ist, dass sie meist in ein Drahtgeflecht eingebunden sind. Abstehende Drahtenden müssen für die Nutzung im Chamäleonterrarium mühselig alle einzeln mit dem Seitenschneider abgeknipst/flachgedrückt und mit Silikon oder einem anderen Schutz versehen werden.
Do it yourself (Styropor-Aufbauten)
Wer gerne bastelt, kann sich sehr kostengünstig Rückwände selbst gestalten. Mit Styropor oder Styrodur als Unterbau sind der Fantasie fast keine Grenzen gesetzt. Die Platten bekommt man für wenige Euro im Baumarkt. Mit Heißluftföhn, Säge, Cuttermesser und Geduld kann man das Material in jede beliebige Form bringen. Hat man die gewünschte Form gefunden, bestreicht man das Styropor mehrfach mit Epoxidharz und/oder Fliesenkleber, den man ganz nach Wunsch mittels Abtönfarbe einfärben kann. Dadurch erhält das Styropor eine wasserdichte und kratzfeste Oberfläche. Wer den Untergrund für ein natürlicheres Aussehen lieber anrauen möchte, kann zusätzlich Sand, Torf oder andere Materialien auf eine Schicht Holzleim aufstreuen.
Der große Nachteil dieser Rückwände ist der enorm hohe Zeitaufwand und eine ziemliche Sauerei. Schöne Rückwände benötigen mehrere Tage bis zur Fertigstellung, wer Vollzeit beschäftigt ist, kann auch Wochen brauchen. Zudem sollte man wirklich ein wenig mit dem Material üben – die meisten Erstversuche sehen nicht ganz so hübsch aus, wie man sich das vorgestellt hatte. Wer aber bei der Gestaltung und Farbauswahl ein geschicktes Händchen beweist, kann sich wirklich schöne Rückwände selbst basteln.
Lehmputz
Lehm ist eine Mischung aus Sand, Schluff und Ton und eines der ältesten Baumaterialien der Welt. Als Lehmputz ist er vor allem in trockenen Terrarien als Rückwand geeignet. Lässt man Wasser darüber laufen, verflüssigt sich die obersten Schichten und der Lehm wird nach und nach immer weiter abgetragen. Da alle madagassischen Chamäleons eine Regenzeit benötigen, sollte man im Voraus gut überlegen, ob Lehm das passende Material für die gewünschte Terrarienrückwand ist.
Grundsätzlich speichert Lehmputz Luftfeuchtigkeit und gibt sie sehr langsam wieder ans Terrarium ab, so dass ein angenehmes Klima entsteht. Für Terrarien gibt es bereits fertige Lehmmischungen für Rückwände (beispielsweise TerraClay Saleg) die man nur noch mit einer vorgegebenen Menge Wasser anrühren muss. Alternativ kann man auch selbst Lehmputz für Innenräume kaufen und passend anmischen. Da Lehm auf glatten Wänden nicht hält, gibt es sogenannte Putzträger im Fachhandel, die man zuerst auf die Terrarienrückwand aufklebt. Erst darüber verputzt man den angemischten, feuchten Lehm. Vorsicht, der Lehm schrumpft beim Trocknen etwas zusammen! Gegebenenfalls entstandene Lücken muss man danach noch einmal füllen – es sei denn, man findet sie besonders dekorativ. Zudem bildet Lehm eine relativ schwere Rückwand. Das Grundmaterial des Terrariums muss dieses Gewicht aushalten können.
Fertige Rückwand-Module
Etliche Hersteller des Aquaristik- und Terraristikbedarfs (beispielsweise Back to Nature, ExoTerra, Juwel Aquarium, Lucky Reptile) bieten inzwischen fertige Rückwand-Teile in Modulbauweise an. Sie bestehen meist aus beschichtetem Polystyrol ähnlich den erwähnten Selbstbauten oder glasfaserverstärktem anderem Kunststoff. Die fertigen Module gibt es nur in bestimmten Größen, so dass man für größere Terrarien mehrere Module nebeneinander nutzen muss. Im Vergleich mit anderen Gestaltungsmöglichkeiten für Terrarienrückwände sind die fertigen Module teuer, dafür aber einfach zu verbauen. Man klebt sie mit Lebensmittelsilikon einfach ins Terrarium und schneidet gegebenenfalls unpassende Module mit dem Cuttermesser zurecht (wenn vom Hersteller zum Schnitt vorgesehen, es gibt auch nicht schneidbare Varianten). Die Module haben meist an der Rückseite vorgegebene Kanäle, in denen man Kabel verstecken kann. Da sich bei Chamäleonterrarien die gesamte Technik außerhalb des Beckens selbst befinden sollte, ist letzteres – für Chamäleons – weniger von Bedeutung.
Rinde
Kleine Rindenstücke von Laubbäumen lassen sich mit Aquariensilikon zu optisch schönen Rückwänden für Terrarien verkleben. Man sollte dabei auf möglichst flache Stücke achten, denn stark gebogene, größere Stücke bieten einen später sehr nervigen Zufluchtsort für Futtertiere. Gut geeignet ist vor allem trockene Rinde – je feuchter und älter die Stücke, desto eher zersetzen sie sich langsam und fallen dann von der Terrarienwand ab.
Das Beste an dieser Rückwandgestaltung fürs Terrarium: Rinde ist meistens gratis! Am einfachsten fragt man in Nachbar- oder Schrebergärten herum, wer gerade einen Baum gefällt hat und Rinde abzugeben hat. Rinde kann man zwar auch im Wald sammeln, jedoch gehört sie streng genommen dem Eigentümer des Waldes. In den meisten Bundesländern (nicht allen!) darf man kleine Mengen zum Eigenbedarf, also wenige Hand voll, einfach so mitnehmen. Geschickter ist es, kurz den zuständigen Förster zu fragen. Bei Baumfällungen und -lagerungen direkt an Waldwegen fallen meist größere Mengen Rinde ab. Fragt man die zuständigen Förster, so haben sie in der Regel nichts dagegen, dass man sich von diesen Stellen in kleinen Mengen bedient.
Klinkerriemchen
Klinker- oder Spaltriemchen sind dekorative, schmale Elemente in Steinoptik, die man normalerweise bei der Verkleidung von Hausfassaden verwendet. Sie sollen meist ein Mauerwerk vortäuschen, was dahinter gar nicht vorhanden ist. Für Terrarien kommen fast ausschließlich Klinkerriemchen aus Holz, Kunststoff oder Styropor in Frage. Echte Steine sind viel zu schwer für durchschnittliche Terrarienrückwände. Dazu sind Kunststoffriemchen recht kostengünstig. Klinker aus Styropor werden manchmal von Futtertieren angefressen – diesem Risiko sollte man sich bewusst sein. Angebracht werden Klinkerriemchen meist mit einem speziellen Kleber, man kann aber meistens auch Lebensmittelsilikon verwenden. Mit Hilfe sogenannter Fugenkreuze, kleiner Plastikteile, lassen sich auch schmale Fugen problemlos symmetrisch anlegen.
Rückwände ohne bekletterbare Oberfläche
In besonders großzügigen Terrarien kann man gegebenenfalls auf die Gestaltung der Rückwand verzichten. Dabei ist von großem Vorteil, dass die Flächen besser zu desinfizieren sind. Bei Chamäleons hat man aber damit stets auch den Nachteil, dass die Tiere die glatten Wände nicht nutzen können.
Dekorfolie
Klebefolie für die Terrarienrückwand kann man sehr kostengünstig mit etwas kitschigen Motiven im Zoohandel kaufen. Deutlich kostenintensiver, aber auch wesentlich schöner, ist es, wenn man sich eigene Motive auf Klebefolie in der passenden Größe drucken lässt. Dabei sollte die Folie UV-beständig und wasserfest sein, denn sonst hat man nicht lange Freude daran. Optisch ist bedruckte Klebefolie sicher ein Hingucker, schließlich kann man sich im besten Fall den Lebensraum des Chamäleons ins Terrarium holen.
Rückwände, die weniger zu empfehlen sind
Kokosmatten oder -netze
Kokosfasern werden aus der äußeren Hülle unreifer Kokosnüsse gewonnen. Sie sind robust, können Feuchtigkeit aufnehmen und neigen wenig zu Schimmel. Im Zoohandel gibt es spezielle für Terrarienrückwände vorgeformte Platten mit Pflanzmulden, die vollständig mit Kokosfasern überzogen sind. Auch „Kletternetze“ aus Draht und Kokosfasern werden angeboten. Rückwände aus Kokosfasern eignen sich jedoch nur bedingt für Chamäleons. Es gibt einige wenige (nicht publizierte) Fälle, bei denen Chamäleons sich mit versehentlich aufgenommenen Kokosfasern am Auge und beim Verschlucken im Darm verletzt haben und tierärztliche Behandlung benötigten.
Xaxim
Xaxim (man spricht es „Schaschiiim“) wird gerne in Froschterrarien verwendet. Es wird in Form von fertigen Platten oder als loses Material zum Aufstreuen verwendet. Xaxim besteht aus getrockneten Teilen von Baumfarnen sowie darin enthaltenen, unzähligen Samen tropischer Moose und Kleinstpflanzen. Es wird zum Teil direkt in Regenwäldern in Südamerika gewonnen, was dem Artenschutz nicht sonderlich zu Gute kommt. In den letzten Jahren kommt es zunehmend aus eigens dafür eingerichteten Plantagen aus Neuseeland. Was die Kosten angeht, spielt Xaxim in der oberen Liga (80-200 € pro Quadratmeter). Xaximplatten kann man leicht mit Silikon an Terrarienrückwänden befestigen.
Der größte Vorteil von Xaxim ist jedoch für Chamäleons leider auch der größte Nachteil: Bei sehr intensiver Bewässerung beginnt Xaxim nach einigen Wochen bis Monaten zu grünen und zu blühen. Genauer muss Xaxim eigentlich immer triefnass sein, um tatsächlich eine Art „lebende Rückwand“ zu bilden. Ein-, zweimal täglich ansprühen reicht da nicht aus. Genau diese Dauernässe ist in Chamäleonterrarien jedoch – siehe auch der Artikel zur Belüftung – nicht gewünscht. Daher wurden schon viele Chamäleonhalter enttäuscht, die Xaxim in ihren Terrarien anwenden wollten. Xaxim wächst in artgerechten Chamäleonterrarien in der Regel nicht oder nur sehr spärlich.
Weißtorfplatten
Weißtorf ist organisches Sediment, das im Prinzip aus unvollständig zersetzten, modernden Pflanzenresten besteht. Er bildet die oberste Schicht eines Moores, nur etwa ein Millimeter davon kommt jedes Jahr neu dazu. Weißtorf hat einen sehr niedrigen pH-Wert, ist also sauer und damit nicht für alle Pflanzen geeignet.
Ähnlich Xaxim sind Weißtorfplatten unter sehr nassen Bedingungen „selbstbegrünend“ und werden gerne in Froschterrarien eingesetzt. Für Chamäleons ist Weißtorf aus gleichen Gründen wie Xaxim kaum geeignet. Da Moore eine größtenteils stark bedrohte Fauna und Flora beherbergen und nur extrem langsam wachsen, ist der Abbau von Torf für Garten- oder Terrarienzwecke und die damit einhergehende Trockenlegung von Mooren zudem in den letzten Jahren stark in die öffentliche Kritik geraten.
Moos- oder Pflanzenwände
Seit einigen Jahren sind Moosbilder und ganze Mooswände für die Raumgestaltung in Mode. Dabei handelt es sich um getrocknetes Moos, das mit Farbe und Konservierungsstoffen haltbar und ansehlich gemacht wird. Die „Bilder“ sind wegen des hohen Herstellungsaufwandes und individueller Größen sehr teuer, sehen aber hübsch und natürlich aus. Man kann sie mit Aquariensilikon ins Terrarium kleben. Unklar ist, ob die von den Herstellern so gut wie nirgends angegebene Haltbarmachung des Mooses für Chamäleons bei versehentlichem Verschlucken schädlich sein könnte. Echtes, noch lebendes Moos dagegen muss ständig feucht gehalten werden, um es am Leben zu erhalten. Es eignet sich daher für Chamäleonterrarien als Rückwandbegrünung genauso wenig wie Xaxim oder Weißtorf.
Kunstrasen, künstliche Pflanzen
Neben dem klassischen Kunstrasen gibt es inzwischen im Zoohandel Plastikgitter, die mit Plastikpflanzen versehen als Rückwandgestaltung in Terrarien dienen sollen. Über die Optik mag man streiten. Die unechten „Pflanzen“ bieten jedoch keinerlei klimatische Vorteile und sind zudem nicht essbar. Sie stellen daher, versehentlich verschluckt, eine Gefahr für das Chamäleon dar. Plastikpflanzen oder Teile davon gehören zu den Fremdkörpern, die Tierärzte immer wieder aus Reptilien operieren müssen. Deshalb gehören sie keinesfalls als Rückwand ins Terrarium.