Mit einem Egg Monitor kann der Puls eines noch im Ei befindlichen Embryo während der Inkubation gemessen werden. Ursprünglich wurde der Egg Monitor für Vogeleier entwickelt. Die meisten Chamäleoneier sind deutlich kleiner als die von Vögeln und weich- statt hartschalig. Trotzdem kann man den das Gerät für Chamäleons nutzen – wie genau, das erklären wir in diesem Artikel.
Wo bekommt man einen Egg Monitor?
Wir nutzen zur Zeit das Gerät Buddy Mk2, Hersteller ist Avitronics aus Cornwall (England). In Deutschland ist das Gerät per Post über Grumbach Brutgeräte zu beziehen. Es kostet 343,18 €, der Adapter für batterielosen Betrieb direkt an der Steckdose kostet weitere 20,80 €.
Funktionsweise
Der erste entwickelte Egg Monitor, der Buddy Mk1, hatte ein kleines Infrarotlicht-Lämpchen in der Messkammer. An der Messschale waren kleine Sensoren angebracht. Das vom Embryo absorbierte Infrarotlicht war ein Indikator für die Herzfrequenz bzw. den Puls des Embryos. Der Buddy Mk1 konnte nur Frequenzen über 60 Schläge pro Minute (beats per minute, bpm) messen.
Die neuere Variante, der Buddy Mk2, nutzt LED-Elektroden näher am Ei anstatt einer seitlich angebrachten Infrarotbirne. Er ist bei Vögeln für dickschaligere Eier besser geeignet und daher auch für Chamäleons die zu bevorzugende Variante. Der Buddy Mk2 kann auch Pulsfrequenzen unter 60 Schlägen pro Minute anzeigen.
Wozu den Puls von Embryonen messen?
Ursprünglich war eine Idee in der Chamäleonhaltung, den Egg Monitor zum Herausfinden der passenden Inkubationsbedingungen vor allem sehr selten gehaltener Arten in der Terraristik zu nutzen. Man teilt ein Gelege in mehrere Boxen auf, die dann bei unterschiedlichen Temperatur-Regimes inkubiert werden. Mittels des Egg Monitors sind lebensschwache oder tote Embryonen frühzeitig zu entdecken und die jeweilige Inkubationsmethode kann ausgeschlossen werden. Leider wurde der Egg Monitor – wahrscheinlich vor allem auf Grund der Kosten – bisher wenig dazu nutzt.
Genutzt wird der Egg Monitor tatsächlich bisher vor allem dazu, befruchtete von unbefruchteten Eiern zu trennen und Eier auf lebende Embryonen zu kontrollieren.
Die regelmäßige Messung des Embryo-Puls im Ei dient auch dem Aussortieren abgestorbener Embryonen. Je früher man einen verstorbenen Chamäleon-Embryo noch im Ei erkennt, desto eher kann das Ei geöffnet, für Virologie und Bakteriologie getupfert und das verstorbene Tier einer pathohistologischen Untersuchung beim Tierarzt bzw. spezialisierten Labor zugeführt werden. Nur mittels Diagnostik kann die Todesursache abgestorbener Embryonen herausgefunden werden – gerade bei selten gehaltenen Arten oder ungewöhnlich vielen in kurzem Zeitraum verstorbenen Embryonen ist dies interessant. Wartet man, bis das Ei eines verstorbenen Embryos einfällt, befindet sich der Embryo selbst meist bereits im Prozess der Autolyse (abgestorbene Körperzellen werden durch körpereigene Enzyme zerstört) und ist dann nicht mehr diagnostisch verwertbar.
Der Egg Monitor kann gegebenenfalls sogar zur Bestimmung des Schlupfzeitpunktes dienen und bei sehr seltenen Arten, bei denen die Inkubationsbedingungen oft noch nicht optimiert sind, damit für Schlupfhilfe genutzt werden.
Bei Vögeln kann je nach Art relativ sicher der Schlupfzeitpunkt vorhergesagt werden, da der Puls bei Vogelembryonen kurz vor dem Schlupf stark ansteigt. Bei Reptilien scheint die Pulsfrequenz sich artabhängig zu unterschieden. Studien zeigen, dass der Puls bei Komodowaranen vor dem Schlupf steigt, bei Wasserschildkröten und Ringelnattern jedoch vor dem Schlupf sinkt. Von Chamäleons gibt es leider noch keine Publikationen, ob und wenn ja in welche Richtung sich die Pulsfrequenz vor dem Schlupf verändert.
Praktische Anwendung
Das Display abzulesen ist denkbar einfach. Es zeigt ein kleines Herz, eine Zahl und ein Vogelsymbol. Bewegt der Vogel die Flügel auf und ab, kann von einem lebenden Embryo ausgegangen werden. Die Zahl zählt den Herzschlag pro Minute. Blinkt das Herz, so misst der Egg Monitor gerade in diesem Moment. Die Linie zeigt – grob ähnlich einem EKG – den Puls des kleinen Chamäleons an.
Das folgende Video zeigt, wie der Egg Monitor im besten Fall funktioniert: Das Ei wird vorsichtig aus seiner Inkubationsbox entnommen und dann auf der schwarzen Messschale platziert. Die Messkammer wird geschlossen. Im Display wird nun ein Puls angezeigt.
Wie schnell der Egg Monitor einen Puls messen kann, hängt von Eigröße und –schalendicke sowie der Lage des Embryos ab. Manche Eier lassen sich nicht so leicht messen wie andere. Man braucht also etwas Geduld, um bei manchen Eiern einen Puls zu finden. Manchmal hilft es, das Ei vorsichtig in der horizontalen Ebene zu drehen, um die „richtige Position“ zum Messen zu finden.
Vorsicht! Der Sensor ist sehr empfindlich für Vibrationen. Der Tisch, auf dem der Egg Monitor benutzt wird, sollte während der Messung möglichst nicht berührt werden. Handys oder andere vibrierende Geräte sollten nicht auf dem Tisch liegen, genauso sollte man nicht direkt neben dem Egg Monitor Daten per Hand aufschreiben. All diese Bewegungen können die Messung stören.
Auswertung der Messwerte
Zeigt der Egg Monitor eine Pulsfrequenz an, kann sicher von einem lebenden Embryo im Ei ausgegangen werden.
Eine Nulllinie ohne irgendwelche Ausschläge deutet darauf hin, dass der Egg Monitor entweder keinen Puls findet oder der Embryo tot ist. Bei noch lebenden Embryonen, bei denen lediglich der Puls schwierig zu finden ist, zeigt das Display jedoch meist zumindest einen „ungerichteten Puls“ in Form einzelner Ausschläge und Wellenbewegungen an. Ein Ei, das solche „ungerichtete Wellenbewegungen“ zeigt, sollte unbedingt weiter inkubiert werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit lebt der Embryo noch.
Ein Puls kann erst nach einer bestimmten Anzahl Tage im Ei gemessen werden. Solange der sich entwickelnde Embryo noch ein „Zellhaufen“ ist, gibt es natürlich noch keinen Puls zu messen. In der frühen Eiphase bedeutet ein nicht vorhandener Puls also noch nicht zwingend, dass das Ei unbefruchtet oder befruchtet abgestorben ist.
Erst, wenn nach mehrfachen Messungen zu unterschiedlichen Tageszeiten stetig eine Nulllinie angezeigt wird und auch keinerlei einzelne Ausschläge oder ungerichtete Wellenbewegungen zu sehen sind, ist der Embryo höchstwahrscheinlich tot.
Während Diapausen bzw. unter kühleren Inkubationstemperaturen sind niedrigere Pulsfrequenzen zu erwarten.
Pulswerte bei Chamäleons
Es gibt bisher leider keine Studien zur Benutzung des Egg Monitors bei Chamäleons. Anekdotisch veröffentlichte Werte gibt folgende Tabelle wieder. Wir haben selbst bisher vor allem bei Calumma parsonii parsonii Eiern den Egg Monitor verwendet. Auf Grund der etwas unpassenden Größe der Chamäleoneier im Gegensatz zu Vogeleiern waren die Messergebnisse eher schwierig zu erzielen.
Art | Tag der Inkubation, ab dem ein Puls messbar ist | Pulsfrequenz im Mittel | Maximale Pulsfrequenz |
Furcifer pardalis | unbekannt | 60-70 bpm | |
Calumma parsonii parsonii | um den 270. Tag | 40-80 bpm | 495 bpm |
Empfindlichkeit und Bewegungsfähigkeit des Embryos
Vibrationen der Unterlage, auf der der Egg Monitor stört, können wie schon beschrieben die Messwerte beeinflussen oder verfälschen. Es ist aber nicht nur der Egg Monitor selbst empfindlich für Erschütterungen, sondern auch der Embryo selbst. Tippt man das Ei während der Messung mit dem Finger an, erhöht sich sofort die Pulsfrequenz des Embryos und bleibt auch für etliche Sekunden erhöht.
Kann der Embryo sich möglicherweise aktiv wegdrehen? Diese Frage beschäftigt uns schon länger wegen eines Phänomens, das uns immer wieder bei Messungen mit dem Egg Monitor begegnet: Das Display zeigt eine durchgehende Pulsfrequenz an. Ohne das Ei zu bewegen oder eine sonstige Störung herbeizuführen, stoppt die Messung jedoch plötzlich, und wird genauso plötzlich wieder aufgenommen – gerade so, als habe der Embryo sich aus dem „Messbereich“ heraus und wieder hinein bewegt.
Solltest du ebenfalls einen Egg Monitor benutzen, schreib und doch mal eine Nachricht! Bisher nutzen nur wenige Chamäleonhalter ein solches Gerät, und wir würden uns sehr über einen Erfahrungsaustausch freuen.