Eigene erfolgreiche Nachzucht einer Chamäleonart ist das Ziel vieler engagierter Chamäleonhalter. Nur wer selbst nachzüchtet, tut etwas für den Fortbestand der Art in der Terraristik und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Nachfrage an Hobbytieren durch Nachzuchten statt Wildfängen gedeckt werden kann. Hat das Weibchen endlich die ersehnten Eier abgelegt, geht es an die Inkubation. Das Wort Inkubation kommt aus dem Lateinischen von incubare, das soviel wie „ausbrüten“ bedeutet. In der Terraristik meint man mit Inkubation genau das: Das künstliche Ausbrüten von Chamäleon-Eiern.
Inkubator oder Brut im Terrarium?
Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten, Chamäleon-Eier zum Schlupf zu bringen. Zum einen kann man die Eier einfach im Terrarium lassen. Letzteres wird oft als „Naturbrut“ bezeichnet, hat allerdings mit Natur recht wenig zu tun, schließlich findet die Brut im Terrarium statt. Nachteile der ungesteuerten Inkubation im Terrarium der Elterntiere sind verlängerte Brutzeiten, vorzeitiges Absterben der Jungtiere bei ungeeigneten Bodentemperaturen (Bodenheizungen, Terrarienstandort) sowie mangelnde Diapause und teils lebensschwache Schlüpflinge. Außerdem sind die meisten Chamäleons nicht wählerisch, was das Futter angeht, und würden frisch geschlüpfte Jungtiere in ihrem Terrarium fressen. Bei Arten, die wenige Ansprüche an die Brutbedingungen der Eier stellen, kann eine Brut im Terrarium trotzdem gelingen.
Für die meisten madagassischen Chamäleons ist ein Inkubator die bessere Wahl. Man kann die Temperatur exakt einstellen, Luftfeuchtigkeit und Substrat kontrollieren sowie unbefruchtete Eier aussortieren. Inkubatoren gibt es speziell für Reptilien hergestellt, man kann aber auch Modelle für Geflügel, Fruchtfliegen oder Bakterien-Nährboden umfunktionieren. Wichtig ist, dass man sich vor dem Kaufe eines Inkubators im Klaren ist, was der Inkubator für die jeweilige Chamäleonart können soll. Kostengünstigere Inkubatoren beispielsweise können häufig zwar heizen, aber nicht kühlen. Das reicht für einige gängige Arten aus. Möchte man Chamäleoneier inkubieren, die eine kühlere Phase benötigen, muss man meist etwas tiefer ins Portemonnaie greifen. Auch Nachtabsenkung, Batteriebetrieb bei Stromausfall und Alarm bei zu starker Temperaturabweichung sind möglich, aber nicht bei jedem Inkubator verbaut. Ein paar von uns im Laufe der Jahre schon genutzte Modelle stellen wir im Folgenden vor:
Bruja Flächenbrüter 400-RD
Temperaturbereich: 20-40°C |
Jäger Kunstglucke Typ FB-50
Temperaturbereich: 24-39°C |
Lucky Reptile Herp Nursery II
Temperaturbereich: 5-60°C |
Tritech DigiTherm®
Temperaturbereich: 10-60°C |
Es ist immer anzuraten, ein zusätzliches digitales Thermometer innerhalb des Inkubators anzubringen. So können Messfehler des Inkubators frühzeitig bemerkt und unabsichtliche Temperaturschwankungen schnell bemerkt werden. Der Herp Nursery II ist zum Beispiel dafür bekannt, ein Temperaturgefälle von 4°C aufzuweisen, so dass man stets auf Höhe der Eier nachmessen sollte, ob die eingestellte Temperatur auch der realen Temperatur innerhalb des Inkubators entspricht. Des Weiteren sollte man den Inkubator bereits vor der Eiablage des Chamäleons ein paar Tage laufen lassen, um die Funktionsfähigkeit zu testen.
Ausgraben der Eier und Pflege
Chamäleon-Eier sollten direkt nach der Eiablage ausgebuddelt und in den Inkubator überführt werden. Dabei sollte man möglichst darauf achten, die Eier nicht zu drehen. Bei Chamäleons verändert sich die Lage der Eier nach der Eiablage bis zum Schlupf nicht mehr. Dadurch können einige Stunden nach der Eiablage Verwachsungen zwischen Embryo und Eihäuten entstehen – der schwere Dotter sinkt nach unten, während der sich entwickelnde Embryo obenauf schwimmt. Im ersten Drittel der Inkubation kann eine Drehung der Eier dazu führen, dass der schwere Dotter auf dem noch winzigen Embryo lastet oder die Allantois reißt. Beides führt zu Missbildungen oder Tod des Embryos. Es gibt allerdings viele Chamäleoneier, die weniger empfindlich sind. Da in der Natur Chamäleoneier während der Brut nicht bewegt werden, sollte man einfach zur Sicherheit Drehungen der Eier vermeiden. Wer mag, kann die Eier auf der Oberseite mit einem weichen Bleistift einen Tag nach der Eiablage markieren.
Stark verschmutzte Eier sollten vorsichtig gereinigt werden. Jedes Ei legt man in eine mit dem Finger ins Substrat gedrückte Kuhle, wobei man stets etwas Platz zu den anderen Eiern lässt. Sollte ein unbefruchtetes Ei schimmeln, kann man es so problemlos aussortieren, ohne alle anderen Eier bewegen zu müssen. Die Eier sollten etwa zur Hälfte von Substrat bedeckt sein, da sie so besser Feuchtigkeit aus dem Substrat aufnehmen können. Erstaunlicherweise funktioniert Inkubation ganz ohne Substrat bei robusten Arten ebenfalls.
Alle paar Tage sollte man die Eier und ihr Substrat im Inkubator kontrollieren. Dabei sollten die Heimchenboxen nicht gekippt werden oder gar herunterfallen. Ist das Substrat zu trocken, feuchtet man es mit ein paar Millilitern warmen Wassers nach. Kondenswasser, das sich am Deckel der Boxen gebildet hat, wischt man mit etwas Küchenpapier weg.
Das richtige Substrat und die passenden Dosen
Grundsätzlich ist es sinnvoll, die Eier in geschlossenen Dosen mit transparentem Deckel zu inkubieren. So kann auch bei einem verfrühten Schlupf kein Jungtier im Inkubator herumirren. Ob man Heimchenboxen, etwas größere Plastikdosen oder gar Tupperware zur Inkubation benutzt, ist für den Erfolg der Brut nicht entscheidend. Egal welchen Behälter man wählt, es sollten stets einige kleine Luftlöcher zur Belüftung der Eier vorhanden sein. Die üblichste und am meisten genutzte Variante zur Inkubation von Chamäleon-Eier sind Heimchenboxen aus Plastik.
Als Substrat, in das man die Eier bettet, kommen für Chamäleons vor allem Vermiculite und Perlite in Frage. Vermiculite ist ein Silikat, das Feuchtigkeit sehr gut speichern kann. Perlite ist ein vulkanisches Gestein, das ähnliche Eigenschaften wie Vermiculite aufweist. Einige Chamäleonhalter benutzen auch ein Gemisch aus beidem. Seit einigen Jahren gibt es offene Systeme, bei denen die Eier einfach auf einem Plastikrahmen liegen und nicht in Substrat eingebettet sind. Unter den Eiern befindet sich entweder Wasser oder feuchtes Substrat, das aber keinen direkten Kontakt zu den Eiern hat. Auch diese Variante funktioniert bei den gängigen Chamäleonarten wie Furcifer pardalis oder Furcifer lateralis gut.
Das Substrat sollte bereits zu Beginn der Inkubation mit warmen Wasser angefeuchtet werden. Dazu mischt man das Substrat per Hand nochmal gut durch, damit nicht nur die oberste oder unterste Schicht feucht ist. Egal bei welcher Chamäleonart: Es darf nie Wasser im Substrat stehen, das Substrat sollte aber auch nicht staubtrocken werden. Zu nasses Substrat kann dazu führen, dass Chamäleoneier zuviel Wasser aufnehmen und sogar platzen können. Zu trockenes Substrat dagegen führt zu kleineren, leichteren Jungtieren mit hoher Sterblichkeit kurz nach dem Schlupf.
Wer ganz genau sein möchte, wiegt die Boxen samt Subtrat regelmäßig und füllt verdunstetes Wasser nach. Dabei muss man jedoch beachten, dass die Eier mit der Zeit schwerer werden, zu späteren Zeitpunkten während der Inkubation also auch die Dosen insgesamt ein paar Gramm schwerer sind.
Inkubationsdauer und Diapause
Die Inkubationsdauer varriiert von Art zu Art und ist auch von der Bodentemperatur abhängig. Die längste Inkubation haben Parsons Chamäleons mit durchschnittlich anderthalb Jahren von der Eiablage bis zum Schlupf. Wir sind dabei, von möglichst vielen Orten Madagaskars Bodentemperaturen über das Jahr zu sammeln, um naturgetreue Inkubationstemperaturen für die verschiedenen madagassischen Arten zu erhalten. Eine Übersicht über Inkubationsbedingungen nach Arten sortiert findest du hier.
Als Diapause bezeichnet man bei Chamäleons eine kühlere Phase, während der die Entwicklung im Ei fast stagniert. Die kühle Phase findet auf Madagaskar während der Trockenzeit zwischen April und Oktober statt. Sie überbrückt die Zeit bis zur Regenzeit ab Oktober, in der die schlüpfenden Jungtiere wesentlich bessere Startbedingungen haben. Außerdem sorgt sie für eine bessere Schlupfsynchronisation: Das bedeutet, dass möglichst alle Jungtiere eines Geleges zeitnah zueinander schlüpfen.
Für einige Chamäleon-Arten sind Diapausen in der Inkubation sehr wichtig für Schlupferfolg und gesunde Jungtiere. Wie kühl es in der Diapause wird, hängt von der Herkunft der Chamäleonart ab. Bei Chamäleons aus dem Hochland, beispielsweise Furcifer campani, überstehen die Eier im Boden Temperaturen von 15°C gut, während küstennah abgelegte Eier anderer Arten solche Temperaturen auf Madagaskar nie erleben werden. Die Diapause wird bei Chamäleons durch steigende Temperaturen beendet.
Unbefruchtet oder befruchtet?
Ob Chamäleon-Eier unbefruchtet sind oder man Nachzuchten erwarten darf, kann man bei den meisten Arten recht schnell erkennen. Unbefruchtete Eier haben eine gelbliche Schale (im Gegensatz zu der leuchtend weißen Schale befruchteter Eier) und wachsen nicht mit. Später fangen unbefruchtete Eier außerdem gerne an zu schimmeln. Es gibt außerdem die Möglichkeit, die Eier zu schieren. Schieren ist ein Begriff aus dem Geflügelbereich und bedeutet einfach, die Eier mit einer Lichtquelle zu durchleuchten. Bei befruchteten Eiern erkennt man zarte Blutgefäße und den Embryo als dunkle Scheibe, bei unbefruchteten nicht. Problematisch ist dabei allerdings, dass man die Eier zum Schieren zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt bewegen muss und sie dabei versehentlich drehen kann. Eine dritte, allerdings sehr selten angewandte Methode ist die Messung des Pulses der Embryonen mittels digitalem Eimonitor aus dem Ziervogelbereich. Dazu gibt es bei Chamäleons bisher nur wenige Daten. Wahrscheinlich schreckt der Preis von gut 344 € für das Gerät bisher die meisten Chamäleonhalter ab, Eier damit zu kontrollieren.
Abgestorbene Embryonen
Während der Inkubation kann es vorkommen, dass befruchtete Eier plötzlich einfallen und zu schimmeln beginnen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Embryo im Ei frühzeitig abgestorben ist. Die Ursachen können vielfältig sein und sollten vor allem bei vielen gleichzeitig verstorbenen Embryonen abgeklärt werden.
Ein häufiger Grund für abgestorbene Embryonen sind falsche Temperaturen (zu hoch, zu niedrig) oder unbeabsichtigte Temperaturschwankungen nach Stromausfall oder einem sehr heißen Sommertag. Auch versehentlich heruntergefallene Eier neigen eher zum Absterben. Aber auch zu trockenes Substrat, fehlender Luftaustausch während der Inkubation oder Nährstoffmängel in der Fütterung der Elterntiere können Gründe für verstorbene Embryonen sein. Zu nass inkubierte Eier können einen so hohen Eiinnendruck ausbilden, dass sie noch vor dem Schlupf platzen. Missgebildete Schlüpflinge sind ebenfalls oft Folge von Inkubationsfehlern.
Ist dagegen alles gut gegangen während der Inkubation, kommt es nach vielen Monaten des Wartens endlich zum Schlupf.